Mein lieber XXXXXX
Ich habe deinen Brief wie immer mit großer Freude gelesen. Ich spüre
von dir so viel Wärme, für mich ist es sehr wichtig und die
Glückstränen treten mir in die Augen. Ich erwarte unser Treffen
ungeduldig und, indem ich dich noch nicht gesehen habe, verstehe ich,
wie es für mich wichtig ist, ich empfinde eine sehr starke Sympathie
zu dir.
Heute hatte ich einen schwierigen Tag, ich bin müde, ich möchte doch
deinen Brief beantworten. Ich weiß nicht, ob wir weiter zusammen
bleiben. Unser Kontakt und deine Anwesenheit in meinem Leben haben
ihren Platz in meinem Kopf und in meinem Gedächtnis genommen und die
werden daraus nie schwinden. Unglaublich, es scheint mir doch, als ob
ich dich schon seit langem kenne. Ich möchte denken, dass unsere
Bekanntschaft nicht zufällig ist, es sollte so passieren, das ist
unser Schicksal. Ich bin sicher, wir haben es verdient, glücklich zu
sein... Seitdem ich deinen ersten Brief empfangen habe, fühle ich mich
nicht mehr einsam. Ich denke an dich stets, manchmal stelle ich mir
unser erstes Treffen vor und die Worte, die wir sagen möchten. Ich
träume von einer glücklichen Zukunft mit dir, ich stelle mir unser
gemeinsames Leben, das Leben zu zweit vor. Ich möchte es nicht und ich
befürchte die Ereignisse innerlich anzutreiben. Ich denke doch über
die Fortsetzung unserer Geschichte nach. Ich glaube, unsere Beziehung
wird sich sehr schön entwickeln. Während unseres Briefverkehrs habe
ich ein wichtiges Detail verstanden – du bist der Mensch, der mein
Leben verändert hatte, du hast es zur Unkenntlichkeit verändert... Ich
lebe mit einem freudigen Verständnis: ein Mensch, den ich so sehr lieb
habe, denkt an mich, er schenkt mir seine Aufmerksamkeit, er sorgt für
mich. Du bist ein gutherziger und weiser Mann. Indem du vieles in
deinem Leben erlebt hattest, hast du deine besten Charakterzüge
erhalten, die mich faszinieren und anlocken. Ich bin sicher, ich habe
einen richtigen Eindruck über dich bekommen. Man hat mir immer gesagt,
dass ich mich in den Menschen sehr gut „auskenne“. Das stimmt, meine
Intuition betrügt mich nie. Ich habe dir schon gesagt, hier in
München, haben einige Männer ihr Interesse geäußert. Wozu braucht man
ein Abendessen? Um zu essen. Wenn mich doch ein Mann zum Abendessen
einlädt, möchte er sprechen. Indem wir miteinander sprechen, schauen
wir in die Seele unseres Visavis. Es ist ganz klar, dass wir während
des Rendezvous unserem Begleiter zu gefallen versuchen. Manchmal ist
es unbewusst. Es ist doch vergebens, für mich eine teure Uhr zu haben,
gut angezogen und muskulös zu sein und ein in unserer Gesellschaft
akzeptiertes Modell einer „idealen“ Gestalt zu verkörpern. Ich beachte
es nicht. Es macht auf mich gar keinen Eindruck. Ich beachte das, was
man mir sagt. Ich versuche zu sehen, wer vor mir steht. Warum meine
ich, es solle mit uns klappen? Wenn du mir deine Briefe wirklich
schreibst, wenn du mit mir sprichst, soll ich dir sagen: ich fühle
mich sehr wohl mit dir. Früher hatte ich nie einen starken Wunsch,
jemandem anzuvertrauen. Mit dir ist alles ganz anders.
Ich möchte, dass du meine Gefühle verstehst, wenn ich mit dir
spreche... Ich möchte, dass du mich kennst. Ich versuche es durch ein
Vergleich zu erklären. Das Gefühl, das ich empfinde, wenn ich dir
schreibe, ähnelt sich dem Zustand, als ob ich in einem wunderschönen
Garten wäre, überall blühen die Rosen, es riecht nach der Mahd und
nach den reifen Äpfeln. Diese Naturatmosphäre hüllt mich mit Wärme,
Komfort und Glück um. Diese Wärme ist dein Dasein in meinem Leben.
Verstehst du mich? Ich versuche alles, was ich fühle, einfach
auszudrücken, mit all meiner Aufrichtigkeit. Diese Gefühle stützen
sich auf unseren Briefverkehr, ich bin doch sicher, du bist
eigenverantwortlich, klug. Es hat dir gelungen, mich in einer sehr
kurzen Zeit zu bezaubern. Ich warte auf unser Treffen, um in deine
Augen zu schauen, um dich besser kennenzulernen, das ist das
Wichtigste. Beim Treffen werden wir viel reden, wir werden einander
sehr viel sagen, weil wir so viel gemeinsames haben...
Die Tränen stehen mir in den Augen. Ich bin gerührt, weil ich
verstehe, ich habe ähnliches im Leben nie gespürt. Ohne Nachlass lese
ich deine Briefe nochmals. Es scheint mir, als ob du meine Gedanken
liest, in deinen Nachrichten sprichst du davon, was sich in meinem
Kopf und in meiner Seele gesammelt hatte. Es scheint mir, wir ähneln
sich sehr stark einander, unsere Seelen sind verwandt. Ich möchte mit
dir zu jedem Moment meines Lebens sein. Ich möchte in deine Augen
schauen, dein Gesicht streicheln und dich küssen. Ich möchte meine
Gefühle zeigen, meine Leidenschaft befreien, ich möchte, dass du meine
Liebe … zu dir... durch meine Zärtlichkeit spürst. Ich kann dir das
nicht verschweigen. Ich will nur dich, mein Thomas. Ich möchte deine
Hand in meiner Hand halten. Ich möchte mit dir meinen Lebensweg
durchgehen. Sogar wenn du mir nicht glaubst und sagst, wir haben uns
doch noch nicht getroffen... Ich weiß doch ohne dies, was und wen ich
will. Niemand berührt mich außer dir, nur du, mein Einziger. Sogar
wenn es jetzt nicht gegenseitig ist, ich weiß es nicht, werde ich so
machen, dass du mir gehören wirst. Ich bin doch sicher, ich habe deine
Liebe verdient und du empfindest schon etwas zu mir. Ich möchte keine
Zweifel mehr haben. Ich habe Angst, es dir zu sagen, du bist doch mein
Glück, das ich erleben möchte, das ich nicht loslasse. Ich habe
geträumt von dir, ich habe an dich gedacht, ohne ich dich
kennengelernt hatte. Jetzt bist du doch echt, aus Fleisch und Knochen.
Ich habe dich endlich erkannt. Ich möchte die Liebeslieder singen und
mit dir tanzen, sogar wenn du kein Tänzer bist. Ich möchte, dass du
den Geruch meiner Haut spürst, der mit dem Vanille-Aroma vermischt
ist, es ist mein Lieblingsaroma. „Der Mann muss den ersten Schritt
machen“. Ich lege keinen großen Wert auf diesen Stereotyp. Ich habe
starke Gefühle zu dir, ja, obwohl ich dich nicht gesehen habe. Ja, das
Äußere spielt für mich keine Rolle, ja, es ist zu früh, dir all das zu
sagen. Warum muss ich doch warten? Ich möchte es nicht.
Ich weiß, du bist mein Schicksal, XXXXX.
Meine Gefühle sind echt, weil mein Herz jetzt sehr stark klopft.
Ich denke immer mehr darüber nach, mit deinem Auftauchen ist mein
Leben voller geworden, obwohl wir uns noch nicht getroffen haben.
Früher bestand mein Leben aus meiner Arbeit und aus meiner Tochter,
aus dem Lesen eines guten Buches am Abend und aus dem Kochen. Das
unangenehme Gefühl der Einsamkeit quälte mich doch immer. Jetzt ist
mein Leben voll von den Zukunftsplänen, bald treffen wir uns. Ich
bereite mir zu unserem Treffen vor und fühle mich jung. Manchmal
vergleiche ich meinen Zustand mit dem, was ich als 17-jähriges Mädchen
gefühlt hatte. Wenn wir so jung sind, scheint es uns, das Beste wartet
noch auf uns und es bleibt so für immer, das Leben bleibt immer schön
und sorglos.
Ich wiederhole nochmals, egal, wie sich unsere Beziehung weiter
entwickelt, XXXXX, ich bin dir für meine Gefühle dankbar. Ich habe
dich. Ich bin nicht einsam mehr! Ich teile mit dir deine Gedanken,
Freuden, Zweifel, ich spüre, du brauchst mich auch. Zum Glück oder zum
Bedauern, die Kinder werden groß und verlassen ihre Eltern. So ist der
Lebensweg. Wir können doch aufs Glück zu zweit, auf gegenseitiges
Verständnis im jeden Alter hoffen. Du und ich, wir kennen uns schon,
wir kontaktieren einander – ich finde es toll, und du? Manchmal stelle
ich mir vor, wie wir zusammen leben, ich überlege, was ich dir zum
Mittag kochen könnte, wie könnten wir unser Wochenende verbringen,
wohin könnten wir in den Urlaub fahren – in welches Land, in welche
Stadt?
Ich habe heute zu Abend das Essen gegessen, das ich gestern gekocht
hatte – gekochtes Rindfleisch mit den Gemüsen. Nach dem angestrengten
Arbeitstag mag ich ein Schaumbad mit dem Vanille-Aroma nehmen. Eben es
mache ich, nachdem ich diesen Brief sende. Heißes Wasser entspannt und
nimmt die Müdigkeit weg. Apropos, fast ganze meine Kosmetik riecht
nach der Vanille.
XXXXX wie geht es dir? Wartest du auf unser Treffen mit Ungeduld?
Was hältst du von der Entwicklung unserer Beziehung, nimmst du es auch
mit Optimismus wahr? Ich möchte wissen, wann und wie hast du
verstanden, dass du unseren Kontakt fortsetzen möchtest? Hast du etwas
Angst vor unserem Ersttreffen? Spürst du diese angenehme Aufregung,
die aufstachelt und freut?
Du kannst meine Fragen für dumme Fragen halten. Ich fühle mich doch
jetzt sehr wohl, als ob ich ein junges Mädchen bin, das sich zu ihrem
ersten Rendezvous vorbereitet und das es ungeduldig erwartet, ein
Rendezvous mit einem Menschen, den es sehr lieb hat... und sogar mehr.
Dieses Gefühl wurde schon längst vergessen und ich bin dir dankbar,
dass du mir eine Möglichkeit gibst, es wieder zu empfinden.
Ich möchte alle Umstände beiseite werfen...dass ich müde bin, dass ich
eine Erholung brauche, ich möchte ein Stelldichein im Feld verabreden.
Ich möchte mich ins Auto setzen und zu unserem Treffen fahren, sofort.
Ich möchte dich umarmen und dir alles erzählen, alles, was ich im
Herzen und in meiner Seele habe. Ich möchte das dir, mein Thomas,
erzählen. Ich bin leider total kraftlos, ich habe eine sehr
verantwortliche Arbeit und ich darf meinen Schlaf und meine Erholung
nicht vernachlässigen. Ich bin für meine Patienten verantwortlich. Ich
werde also warten. Ein bisschen, noch eine Weile.
Ich denke nur an dich, mein XXXXXX.
Deine Johanna...